Kapitel 4
Erdaltertum

5   Karbon: Sumpfwälder, Kohle und Gletscher

Zusammenfassung von Teilen des Buchkapitels sowie Zusatzmaterial:

Wir befinden uns 360 Millionen Jahre vor der Gegenwart. Ein neues Zeitalter beginnt: das Karbon. Es wird etwa 60 Millionen Jahre andauern und etwa 300 Millionen Jahre vor der Gegenwart enden.

Der Äquatorial-Kontinent Laurussia und der große Südkontinent Gondwana haben sich aufeinander zu bewegt und begonnen, zu kollidieren, was die variszischen Gebirgsbildung einleitete. Diese Vorgänge setzen sich nun im Karbon fort und erreichen ihren Höhepunkt. Teile der Appalachen Nordamerikas und die Europäischen Mittelgebirge entstehen. Langsam beginnt ein neuer Superkontinent Gestalt anzunehmen: Pangäa.


         


Am Äquator entstehen große Sumpwälder, während sich am Südpol eine große Eiskappe bildet, so dass der Meeresspiegel stark absinkt. Eine schöne Darstellung, in der man auch die heutigen Kontinente besonders gut erkennen kann, findet man unter www.palaeos.com - the carboniferous.



So könnte der Wald im Karbon ausgesehen haben
Quelle: Wikimedia Commons File:Meyers b15 s0272b.jpg,
Quelle darin: Buch 15 der 4. Auflage des Meyers Konversationslexikons (1885-90).
Das Urheberrecht ist demnach erloschen, die Inhalte sind gemeinfrei.


Besonders häufig findet man in den tropischen Sumpfwäldern baumartige Bärlapppflanzen (Lycophyta oder Lycopsida), insbesondere die Gattungen Lepidodendron und Sigillaria (Schuppen- und Siegelbäume), die beide Größen von bis zu 40 Metern und Stammdurchmesser von über einem Meter erreichen. Daneben gibt es 20 Meter große Schachtelhalme (Spenophyta), die keine eigentlichen Holzstämme, sondern verholzte Markröhren besitzen. Mehr dazu siehe in den Zusatzinfos unten.
Farne aller Größen sind verbreitet. Mit 20 Metern am größten sind die Baumfarne der Gattung Psaronius. Schöne Bilder dazu findet man beispielsweise in Dennis C. Murphy: Devonian Times, http://www.devoniantimes.org sowie in Ralph E. Taggart: Carboniferous Forests, http://taggart.glg.msu.edu/isb200/carbfor.htm.



Baumfarn (Cyathea) fotographiert 2003 in Ecuador von Frank Krämer.
Quelle: Wikipedia, dort Public Domain (unbeschränktes Nutzungsrecht
ohne jegliche Bedingungen für jedermann durch den Fotografen).


Gegen Ende des Karbons gibt es erste Nadelgewächse, beispielsweise die Gattungen Lebachia, Walchia und Cordaiten. Die trockeneren und kälteren Gebiete der Erde wie beispielsweise große Teile Gondwanas sind sehr viel spärlicher bewachsen. Hier gibt es ganz andere Pflanzen, beispielsweise Glossopteris (ein Samenfarn) (Bilder siehe beispielsweise Smithsonian Museum - http://www.mnh.si.edu/earth/text/4_1_2_3.html). Mehr dazu in den Zusatzinfos zum Perm.


In den Wäldern entwickeln sich die flügellosen Insekten aus dem Devon weiter. Nun gibt es auch welche, die Flügel haben -- allerdings lassen sich diese Flügel noch nicht zusammenfalten. Da der Sauerstoffgehalt der Luft höher als in der Gegenwart ist (siehe auch weiter unten), können manche Insekten sehr groß werden. Trotz ihrer Größe kann so immer noch genug Sauerstoff durch die Atemröhrchen ( Tracheen ) in den Körper gelangen. Beispiele sind die Riesenlibelle Meganeura, die eine Flügelspannweite von bis zu 75 cm erreicht, sowie der Tausendfüßler-artige Arthropleura, der fast 2 Meter lang werden kann.


Die Riesenlibelle Meganeura, Quelle: Wikimedia Commons File:Meganeura.jpg von Wikipedia-User Dodoni,
dort lizensiert unter Creative Commons Attribution 3.0 Unported License.


Auch die Amphibien des Devons entwickeln sich weiter. Sie sind bis zum späten Karbon die einzigen an Land lebenden Wirbeltiere. Da sie deshalb kaum Konkurrenz haben, entwickeln sie eine große Verbreitung und Artenvielfalt. Manche Arten erreichen Größen von bis zu 2 Metern, beispielsweise Eryops.



Das 2 Meter lange Amphibium Eryops.
Quelle: Wikimedia Commons File:Eryops1DB.jpg von Dmitry Bogdanov (2007),
dort lizensiert unter der Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0, Attribution ShareAlike 2.5,
Attribution ShareAlike 2.0 und Attribution ShareAlike 1.0 License.


Am Ende des Karbons tauchen die ersten Reptilien auf. Sie entwickeln Eier, die eine feste Außenschale besitzt und daher viel weniger abhängig von Wasser ist als die Eier der meisten Amphibien. Nun können Eier erstmals auch an Land abgelegt werden. Reptilien sind viel besser an trockenes Klima angepasst als die noch vorherrschenden Amphibien. Das wird sich in späteren Zeitaltern noch als wichtig erweisen!



Eines der ersten eierlegenden Reptilien ist der eidechsenartige Hylonomus.
Quelle: Wikimedia Commons File:Hylonomus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizensiert unter der Creative Commons Attribution 2.5 License.



Auch das Leben in den Ozeanen verändert sich. Am Ende des Devons waren viele Meereslebewesen ausgestorben. Die im Devon vorherrschenden Panzerfische erholen sich nicht mehr davon. An ihre Stelle treten die schnelleren und beweglicheren Haie und Strahlenflosser. In der Gegenwart gehört überwiegende Mehrzahl der lebenden Fischarten zu den Strahlenflossern.



Cladoselache, ein Hai aus dem späten Devon und Karbon.
Quelle: Wikimedia Commons File:Early Shark.jpg,
Quelle dort: http://www.50birds.com/extan/gextanimals8.htm, demnach gemeinfrei.


Die meisten urtümlichen Korallen des Devons erholen sich ebenfalls nicht vom marinen Massensterben. Riffe und Gesteine werden nun von anderen Tiergruppen gebildet, beispielsweise von Seelilien (Crinoiden). Andere neue Gesteinsbildner sind große Foraminiferen. Sie sind einzellige Eukaryoten mit gekammerten Schalen. die aus Calzit bestehen, demselben Material wie die Schalen der Muscheln. Die muschelähnlichen Armfüßer (Brachiopoden) findet man weiterhin, aber die konkurrierenden Muscheln holen auf und verbreiten sich. Trilobiten, die vorherrschende Tiergruppe des Kambriums, gibt es kaum noch.


Aufgrund der großen Verbreitung von Pflanzen auf der Erde sinkt der Kohlendioxidanteil der Luft erstmals auf einen Wert, der dem heutigen niedrigen Wert entspricht. Der Sauerstoffgehalt ist dagegen deutlich höher als in der Gegenwart.



Die Sauerstoffkonzentration in der Erdatmosphäre im Lauf der letzten Jahrmilliarde.
Die gestrichelte rote Linie zeigt die heutige Konzentration von 21% an.
Am höchsten ist die Sauerstoffkonzentration zum Ende des Karbons vor 300 Millionen Jahren.
Quelle: Wikimedia Commons File:Sauerstoffgehalt-1000mj.svg,
vom Autor (Wikimedia-User LordToran (Dennis)) nach Public Domain freigegeben.
Unter dem obigen Link findet man auch eine detaillierte Erläuterung zu dem Diagramm.




Die Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre im Lauf der letzten gut 500 Millionen Jahre
in verschiedenen Abschätzungen, wobei die Zeit hier von rechts nach links läuft.
Im Karbon vor gut 300 Millionen Jahren sinkt der Kohlendioxidanteil der Luft erstmals auf einen Wert,
der dem heutigen niedrigen Wert (links) entspricht.
Quelle: Wikimedia Commons File:Phanerozoic Carbon Dioxide.png, Autor Robert A. Rohde, Lizenzangabe dort:
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http://www.globalwarmingart.com/wiki/Image:Phanerozoic Carbon Dioxide.png




Änderung des seltenen schweren Sauerstoffisotop-Anteils 18O in Fossilien in Promille, wobei der Anteil nach unten hin anwächst (der große Rest des Sauerstoffs besteht aus dem leichteren Sauerstoffisotop 16O ). Je wärmer es ist, umso leichter verdunstet Wasser mit dem schweren Sauerstoffisotop, und umso weniger schwerer Sauerstoff bleibt im Meerwasser und den dort gebildeten Fossilien übrig. Damit kann man den Anteil schweren Sauerstoffs grob als Temperaturindikator verwenden, wobei der exakte Zusammenhang komplex ist. Man erkennt die Eiszeit im späten Karbon und frühen Perm vor etwa 300 Millionen Jahren, analog zur heutigen Eiszeit.
Quelle: Wikimedia Commons File:Phanerozoic Climate Change (de).png, Robert A. Rohde,
Erläuterung siehe Wikimedia Original-Beschreibungsseite (en.), siehe dort auch das Global Warming Art project.
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Eine weitere schöne Grafik zu Temperatur und Kohlendioxidgehalt findet man unter Monte Hieb: Climate and the Carboniferous Period, http://www.clearlight.com/~mhieb/WVFossils/Carboniferous_climate.html.

In der unteren Grafik können wir sehen, dass die mittlere Temperatur auf der Erde in der zweiten Hälfte des Karbons absinkt. Das entspricht einer Eiszeit! Man definiert eine Eiszeit dadurch, dass sich an den Polkappen bleibendes Eis bildet. Demnach befinden wir uns auch in der Gegenwart in einer Eiszeit. Auch die anderen Eiszeiten sieht man in der unteren Grafik, beispielsweise die Eiszeit am Ende des Ordoviziums, die zum zweitschlimmsten Massensterben der Erdgeschichte geführt hat. Der hellblaue Balken im späten Jura und der frühen Kreide vor etwa 150 Millionen Jahren ist dagegen vermutlich nur eine kalte Periode, da die Lage der Kontinente die Bildung von Eisschilden an den Polen wohl verhindert.

Seit es mehrzelliges Leben gibt, befand sich die Erde die meiste Zeit in Warmzeiten. In diesen Zeiten gab es kein oder nur wenig Eis an den Polen, und die höhere Kohlendioxidkonzentration erzeugte ein warmes Treibhausklima. Der Meeresspiegel lag entsprechend hoch, und große Teile der Kontinente waren von flachen tropischen Meeren bedeckt. Kein Wunder also, dass man an vielen Stellen auf Fossilien von Meereslebewesen und auf Meeres-Sedimente stößt.

In einer Eiszeit ist es nicht immer gleichmäßig kalt, sondern die mittlere Temperatur oszilliert zwischen kalt und wärmer etwa alle 100.000 Jahre, wie die folgende Grafik unserer Gegenwarts-Eiszeit zeigt:


Temperaturänderungen an zwei Orten in der Antarktis (blaue und grüne Kurve) und Änderungen im globalen Eisvolumen (rote Kurve) während der letzten 450 000 Jahre vor der Gegenwart (rechts). Man erkennt etwa alle 100.000 Jahre regelmäßige Eisschübe (oft auch selbst als Eiszeiten bezeichnet) mit kurzen Wärmeperioden dazwischen. In genau einer solchen Zwischen-Wärmeperiode leben wir gerade. Eine genaue Beschreibung findet man unter:
Quelle: Global Warming Art Image:Ice Age Temperature Rev.png von Robert A. Rohde. Lizenzangabe dort:
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Gründe für diese Oszillation der Temperatur während einer Eiszeit sind zyklische Schwankungen in der Neigung der Erdachse, in der Exzentrität der elliptischen Erdbahn um die Sonne zwischen stärker elliptischer und eher kreisförmiger Form sowie andere Einflüsse (siehe z.B. http://www.clearlight.com/~mhieb/WVFossils/ice_ages.html#anchor139183 ).

Auch im späten Karbon gibt es solche Oszillationen der mittleren Temperatur und der Eismenge am Südpol. Entsprechend schwankt auch der relativ niedrige Meeresspiegel. Die großen Sumpfwälder am Äquator werden immer wieder von Meeren überspült und von Meeressedimenten verschüttet. Diese Sedimente stammen zum großen Teil aus den nahen Gebirgen, die sich aufgrund der andauernden Kollision von Laurussia und Gondwana bilden (variszischen Gebirgsbildung) und die ständig durch die Erosion wieder abgetragen werden. Bedeckt von diesen Sedimenten kann das organische Material nicht oxidieren. Im Laufe der Zeit verwandelt sich das organische Material dann unter dem Einfluss von Druck und Hitze in Kohle. Genau diese Kohle ist es, die wir heute beispielsweise im Ruhrgebiet oder in den Appalachen finden und abbauen.

Unter PALEOMAP Project: Late Carboniferous Climate, http://www.scotese.com/bashclim.htm findet man eine sehr schöne Karte dazu. Man sieht dort, wie sich im späten Karbon (vor 320 bis 280 Millionen Jahren) fast alle Kontinente zum Superkontinent Pangäa vereinigen. Am Südpol gibt es große Gletscher in Gondwana. Dagegen gibt es am Äquator große tropische Sumpfwälder, die immer wieder von Sedimenten verschüttet werden. Nördlich und südlich der Sumpfwälder erstrecken sich Wüstengebiete.

Je enger Laurussia und Gondwana zusammenrücken, umso mehr feuchte Küstengebiete gehen verloren. Das Klima über dem Großkontinent Pangäa, der nach und nach entsteht, wird immer trockener. Die großen Sumpfwälder verschwinden so am Ende des Karbons, und mit ihnen verschwinden auch viele Tier- und Pflanzenarten. Arten, die besser an die zunehmende Trockenheit angepasst sind, breiten sich aus, unter ihnen die Nadelgewächse (auch Koniferen genannt) und die Reptilien. Ein neues Zeitalter beginnt: das Perm.



Zusatzinformationen:

a) Kalamiten (Calamites)
b) Schuppenbäume (Lepidodendron) und Siegelbäume (Sigillaria) -- Lepidodendrales



a) Kalamiten (Calamites)

Kalamiten sind baumartige Schachtelhalme mit 10 (manchmal sogar bis zu 30) Metern Höhe, die in den Kohlesümpfen des Karbons und frühen Perms häufig vorkamen, wenn auch nicht ganz so dominant wie Schuppenbäume (Lepidodendron) und Siegelbäume (Sigillaria) -- siehe unten. Mit dem zunehmenden Austrocknen der Kohlesümpfe im Perm starben sie schließlich aus.

Als Schachtelhalme gehören die Kalamiten zu den Gefäßsporenpflanzen, verbreiten sich also wie Farne über Sporen, die von zapfenartigen Gebilden abgegeben wurden. Außerdem besitzen sie ausgeprägte unterirdische Rhizome (Wurzelstöcke), über die sie sich auch vegetativ verbreiten konnten. Die Stämme der Kalamiten sind innen hohl, ähnlich wie hölzerne Bambusröhren.



Kalamiten.
Credit: Nobu Tamura, verwendet mit freundlicher Genehmigung
Quelle: Paleoexhibit: Prehistoric plants



b) Schuppenbäume (Lepidodendron) und Siegelbäume (Sigillaria) -- Lepidodendrales

Schuppen- und Siegelbäume sind baumartige Bärlappgewächse (und damit Gefäßsporenpflanzen), die zur Ordnung der sogenannten Lepidodendrales gehören. Zusammen mit den Kalamiten (Baum-Schachtelhalme, siehe oben) dominierten sie die Kohlesümpfe des Karbons und gehören damit wie diese zu den frühen erfolgreichen baumartigen Landpflanzen. Sie konnten Höhen von bis zu 40 Metern und Stammdurchmesser von über einem Meter erreichen. Die Sporen bildeten sie in zapfenartigen Gebilden. Als die Kohlesümpfe am Ende des Karbons in Laurussia und im mittleren Perm dann auch in China verschwanden, bedeutete dies auch das Ende für diese Pflanzen.



Abdruck der Stammoberfläche eines Schuppenbaums aus dem späten Karbon (Ohio)
mit den typischen schuppenförmigen Blattnarben, die dieser Pflanze ihren Namen gegeben haben.
Das Muster entsteht durch Blattpolster, die beim Abfallen der Blätter am Stamm haften bleiben.
Credit: Mark A. Wilson
Quelle: Wikimedia Commons File:LepidodendronOhio.jpg, dort public domain



Rekonstruktion eines Schuppenbaums (Lepidodendron).
Credit: Eli Heimans (1861-1914)
Quelle: Wikimedia Commons File:Stigmaria Heimans.jpg, dort public domain



Literatur zu dem Thema:



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last modified on 07 September 2012